Nervosität im Bewerbungsprozess

Assessment-training.ch arbeitet seit Jahren erfolgreich mit Schauspielerinnen zusammen. Sie fordern unsere Kunden rhetorisch wie auch emotional heraus und machen sie fit für Assessment Center, Bewerbungsgespräche sowie Konfliktsituationen. In der Blogreihe „Schweissperlen“ plaudern sie aus dem Nähkästchen und verraten ihre Erfolgsrezepte gegen Lampenfieber, Nervosität und Anspannung.

#Schweissperle 2: Ersten Eindruck beeinflussen

Ein verpatzter erster Eindruck kann die Stimmung zerstören. Nervosität zieht wenig authentische Verhaltensweisen in den wichtigen ersten Sekunden magisch an. Im Interview gibt die Regisseurin Katharina Ramser ihren persönlichen Umgang mit dem Thema „Erster Eindruck“ preis.

Der berühmtberüchtigte erste Eindruck. Als Schauspielerin sicher ein Thema. Haben Sie eine Anekdote für uns?

„Natürlich. Ich leitete einen Leadership-Kurs gemeinsam mit einer Kollegin. Um Punkt 9 Uhr sollten wir starten. Meine Kollegin betrat jedoch erst um Punkt 9 den Raum. Das Publikum, das schon auf den Beginn der Weiterbildung wartete, musste sich kurz sammeln. Kurz war in diesem Fall zu lang. „Na guten Morgen die Damen“, äusserte sich ein Mann aus der letzten Reihe. Das wirkte sich auf die Stimmung aus. Den ganzen Tag war eine komische Stimmung spürbar. Diese Anekdote zeigt auf, wie entscheidend der erste Eindruck ist.“

Was denken Sie: Kann man den ersten Eindruck überhaupt beeinflussen?

„Wir werden nie wissen, was Andere denken. Auch nicht, ob Sympathie oder Antipathie erlebt wird. Aber wir können sehr wohl eine Haltung einnehmen, welche den ersten Eindruck positiv beeinflussen kann. Ich spreche von einer neutralen Haltung – innerlich wie äusserlich.“

Was bedeutet eine neutrale Haltung konkret?

„Der Körper hat unterschiedliche Spannungszustände. In wichtigen Auftritts- und Kommunikationssituationen wie Bewerbungsgesprächen sollte der Spannungszustand möglichst neutral sein. Ist der Körper zu wenig „in Spannung“, hängen die Schultern oder sind die Beine gekreuzt, wirkt man unsicher und wackelig. Das ist, denke ich, klar. Was allerdings den Wenigsten bewusst ist: Auch das Gegenteil, eine Überspannung, passiert manchmal unbewusst und wirkt schnell arrogant und „angriffig“. Ich empfehle eine sogenannte „Nullposition“, die man vor wichtigen Gesprächen einnimmt: Aufgerichtete Körperhaltung, beim Stehen beide Beine mit gleichmässiger Gewichtsverteilung am Boden, Arme und Hände locker hängen lassen, ohne die Schultern nach vorne zu kippen bzw. „einzufallen“.“

Sie sprachen vorher auch von einer innerlichen Komponente der neutralen Haltung. Was kann man sich darunter vorstellen?

„Eine „Nullposition“ vor wichtigen Gesprächen oder Auftritten einzunehmen meint auch, sich kurz zu sammeln und in eine Haltung des Austausches zu gehen. Kommunikation ist nie eine Einbahnstrasse, sondern immer ein Austausch. Die Gesprächspartner merken sehr wohl, ob sie gesehen werden und ein wirklicher Austausch stattfinden kann. Die innere Haltung beeinflusst, wie authentisch wir wahrgenommen werden.“

Haben Sie ein Beispiel dafür?

„Natürlich. Ich habe einige simulierte Konfliktgespräche zur Vorbereitung auf Assessments durchgeführt. Dabei fiel immer wieder auf, dass jene Personen die besten Lösungen fanden, die gut zugehört haben und auf das Gesagte der anderen Person eingingen, also im Austausch waren. Damit zeigt man sich auch verletzlich und wird angreifbar, liefert aber deutlich bessere Lösungen. Jene, die sich „super cool geben“ oder besonders souverän wirken wollten, haben wesentlich schlechter abgeschnitten oder keine zufriedenstellenden Lösungen in vorgegebener Zeit erarbeitet. Von authentischer Wirkung ganz abzusehen. Authentisch wirkt, wer eine neutrale Position einnimmt und in den ehrlichen Austausch geht.“

Zusammengefasst: Was geben Sie unseren Lesern mit?

„Gehen Sie vor wichtigen Gesprächen und Auftritten in eine Nullposition – sowohl körperlich als auch mental. Die Neutralität ermöglicht, eine authentische Wirkung zu erzielen und auf das Gegenüber einzugehen. Wir sollten uns viel mehr damit beschäftigen, mit welcher Haltung wir anderen Menschen begegnen, als damit, wie wir wirken oder überzeugen können. Machen Sie sich bewusst, dass Versuche, sich auf eine bestimmte Art und Weise zu geben, Sie wahrscheinlich in der Situation zu sehr ablenken vom eigentlichen Thema.“

Katharina Ramser ist freischaffende Regisseurin und inszeniert sowohl in der Schweiz als auch in Deutschland, www.katharinaramser.ch

0 Comment